Send to Kindle

Regen, Wolken, lustig sein

Vorbereitung, diesmal ganz lässig

Das Fescht ist jedesmal wieder viel stressiger als man denkt. Letztes Jahr habe ich am Montag eher vegetiert als gearbeitet, also habe ich dieses Jahr Nägel mit Köpfen gemacht und direkt 10 Tage Ferien angemeldet. Ich meine, wofür hat man denn als Arbeiter 5 Wochen frei? Die muß man ja auch mal nehmen, und wieso nicht im Sommer, wenn es überall schön und warm ist?

Ich hatte also den Mittwoch vor dem Fescht schon frei und damit den ganzen Tag Zeit, wichtige Vorbereitungen zu treffen. Der Flug war am Donnerstag Abend, auch sehr angenehm, so kann man Freitag in Ruhe schon mal ein wenig trinken.

Wie dem auch sei, am Mittwoch hatte ich also alle Zeit der Welt, endlich mal wieder auszuschlafen, lange zu duschen, einen Kuchen zu backen, zum Frisör zu gehen, meine Sachen zu packen, so Sachen halt.

Zumindest hätte ich all das tun können.

Statt dessen habe ich ewig lange geschlafen und dann mit Mühe und Not noch die Zutaten für den Kuchen zusammen und den Kuchen gebacken bekommen, mehr nicht. Am Donnerstag hatte ich dafür reichlich Streß, weil ich natürlich auch noch mein Flugticket im Büro liegengelassen hatte, wo auch sonst.

Zum Frisör

Zum Frisör wollte ich aber unbedingt noch gehen, also bin ich am Donnerstag mittags hier in der Gegend rumgestiefelt und habe schließlich einen gefunden, der nicht Mittagspause machte. Ok, das Geschäft sah ziemlich eindeutig nach Damensalon aus, aber in der Not frißt der Teufel Fliegen, also habe ich mich hingesetzt und den beiden Haarstylistinnen bei der Arbeit an zwei leicht gealterten Frauen zugeguckt (Ich fange an zu glauben, daß so eine Platte im Alter gar nicht so übel ist). Dabei labern und quaken die vier Frauen quer durcheinander, das ist in Frankreich so üblich, scheint mir.

Ein Trupp betrunkener Festbesucher in der Straßenbahn.

Schließlich darf ich mich vor so ein Waschbecken setzen, zum Haarewaschen. Hm, vielleicht vor das Waschbecken legen? Ja, so geht's. Ich weiß gar nicht mehr, warum ich früher™ nicht beim Frisör die Haare waschen lassen wollte, jedenfalls mag ich das heute richtig gerne. Es ist extrem beruhigend, und ich glaube, ich bin sogar schon einmal dabei eingeschlafen, aber da bin ich nicht sicher, wie auch...

Ich habe vollkommen vergessen, was ich eigentlich am Mittwoch abends noch gemacht habe, jedenfalls war ich sehr müde. Schon die Beschreibung meiner Wünsche, die mir sonst eigentlich ganz leicht von der Hand geht, war irgendwie komplizierter (das sieht man auch, finde ich). Vielleicht war das aber auch, weil ich gerade ein extrem gesundes Mittagessen auf der Autobahn zu mir genommen hatte (das übrigens nur, weil ich wissen wollte, ob die hier auch diese Uhren haben bei McDo), jedenfalls erstreckt sich der folgende Dialog über etwa 30 Minuten:

Sie: (Schnippel...) Sie sind nicht von hier, oder?
Ich: Ich wohne 20m weiter.
Ich: (hm... wird sie das gemeint haben? Ok, zweiter Versuch:) Ich bin Deutscher.
Sie: Pardon?
Ich: Ich komme aus Deutschland (und ich hasse das, wieso verstehen die das nie beim ersten Versuch?).
Sie: (Schnippel...) Wow, Sie können gut Französisch, lernt man das in der Schule?
Ich: (Ts...) Nö, ich bin ja schon zwei Jahre hier.
Sie: (Schnippel...) Ich komme auch nicht von hier.
Ich: (Nachdenk... äh, was hat sie gerade gesagt? Ah...) Ah?! Woher denn?
Sie: Toulouse
Ich: Bei den Pyrenäen?
Sie: Ja, genau (sie ist erstaunt und freut sich)
Ich: (Nachdenk...)
Sie: (Schnippel...)
Ich: Und wieso sind Sie hier? Nur so?
Sie: Mein Freund ist Polizist, er wurde versetzt.
Ich: (Verdammt! Die Bullen!) Ah.
Sie: Bin seit zwei Monaten hier...
Ich: (Nachdenk...)
Sie: (Schnippel...)
Ich: (Nachdenk...)
Sie: Haben Sie schon gegessen?
Ich: Ja, McDonalds im Auto.
Sie: Das macht dick.
Ich: Oh.
Sie: (Schnippel...)
Ich: (Nachdenk...)
Sie: (Drapier, Fön, Schnipps...) So... wie machen Sie das denn normalerweise?
Ich: (Vormach...) Ich mache alles nach vorne, und gut is.
Sie: (Guck, Fön, Schnipps, Fön...) Sie müssen vielleicht ein bißchen Gel da vorne rein machen, das sieht viel besser aus!
Ich: Tatsache, cool.
Sie: Wirklich, mit ein bißchen Gel...
Ich: Hm... gute Idee.
Sie: (Guck...)
Ich: (Aufsteh...)
Sie: FF110
Ich: FF120
Sie: Danke, und tschüs!
Ich: Tschüs.

Wo ich das jetzt hier so aufschreibe, fällt mir auf, daß sich meine Haarschneiderin wie eine 60-Jährige anhört, sie ist aber nur irgendwo zwischen 20 und 30, würde ich mal sagen. Ich frage mich, ob zur Ausbildung zum Frisör auch ein Smalltalk-Kurs gehört, und falls ja, ob der wohl von 60-jährigen Lehrerinnen gehalten wird. Sieht ja stark danach aus, wenn ihr mich fragt.

Würden Sie diesen Typen Bier verkaufen?

Wenn ich in vier Wochen mal einen Samstag etwas fitter bin, werde ich nochmal hingehen, vielleicht kam mir die ganze Szene nur merkwürdig vor, weil ich so müde war.

Das Fescht

Die Reise nach Karlsruhe war ziemlich ereignislos, über das Informatik-Fakultätsfest kann ich nur sagen, daß sowohl Olaf Titz als auch viel mehr Mädels als zu meinen Zeiten da waren ("In Karlsruhe treffen Vergangenheit und Zukunft aufeinander."), der Freitag war nur regnerisch und deswegen kommen hier gleich die Ergebnisse des diesjährigen Festes in Kurzform und völlig unsortiert:

Der erste Hangstuhl des Jahres.

'Black Forest Airport Lahr'

Dank einer kleinen Fehlkalkulation meinerseits waren wir etwa drei Minuten nach angesagter Abflugzeit am Flughafen. In Straßburg wird seit dem 17.7. die Start- und Landebahn restauriert, die Flüge gehen deswegen von anderen Flughäfen ab. Der Bus vom Terminal zum Flugzeug fährt also erstmal aus dem Flughafen raus, dann eine Stunde über Land, in unserem Falle immer schön auf den Deichen des Rhein entlang, was ganz nett war, weil der gerade ganz gut Hochwasser hat, dann irgendwo Richtung Deutschland, und plötzlich findet man sich auf einem Flugplatz namens 'Black Forest Airport Lahr' wieder, der mal ein kanadischer Militärflughafen war.

Das ist ungefähr so abgefahren, wie es sich anhört. Ok, der Flughafen ist groß, aber auf Personenverkehr ist er nicht wirklich eingestellt, also hält der Bus vor einem größeren Rolltor, man nimmt sein Gepäck aus dem Bus und geht rein, wo einem als erstes Tische mit Brezeln und Sekt auffallen (die läßt man aber nach dem Fescht doch besser links liegen), dahinter eine Art Stewardeß unter einem Schild 'Nice/Nizza', welches wiederum neben dem Schild 'Vienna/Wien' hängt. Man stellt sich an, die Anderen werden schon wissen, was zu tun ist.

Das Gepäck legt man mehr oder weniger direkt auf den Wagen, die Sicherheit wird mit unglaublich viel Zoll- und Polizeibeamten persönlich hergestellt, irgendwelche Technik dafür gibt's ja nicht. Der Weg durchs Flughafengebäude ist extrem improvisiert, und mit dem Bus fährt man zum Flugzeug etwa 25m übers Rollfeld. Die etwas kauzige Atmosphäre wird noch untermalt durch Einheimische, die 50m neben dem Flugzeug am Zaun hängen und gucken. Die naheliegende Frage habe ich der Stewardeß nicht gestellt, weil die Frau neben uns schon genervt genug war über unsere 'Na ob wir wohl in Nizza ankommen?'-Scherze, sie drängte sich aber wirklich auf: Sind die sicher, daß die Startbahn lang genug ist für das Flugzeug mit so vielen Leuten drin? Haben die das ausprobiert?

Exil-Franzosen in Karlsruhe, im Hintergrund das ZKM

Nunja, natürlich war sie lang genug, Kanadier sind ja nicht doof, und wenn dieser ganze Kram nicht gewesen wäre, hätten wir unseren Flug verpaßt. Flugzeuge halten selten nochmal an und nehmen einen einfach so mit, muß man ja mal so sehen, nech, außerdem war's spannend.

Zusammenfassung und Ausblick

Was soll ich sagen, mir hat's dieses Jahr ausgezeichnet gefallen, trotz Regen und allem drum und dran. Ich würde mal sagen, ich gehe auch wieder zum Fescht 2001, falls es eins geben sollte angesichts der Verluste von diesem Jahr. Ich habe zwar keinen Fescht-Pin gekauft, aber dafür ganz sicher überdurchschnittlich zum Biererlös beigetragen, an mir soll's also nicht gelegen haben.

Den größeren Betrag an Ferientagen ist es jedenfalls allemal wert. Die Anreise per Flugzeug und Leihwagen hat sich dieses Jahr meiner Meinung nach als bewährte Technik erwiesen. An der Unterbringung könnte man noch arbeiten, mir wäre ja ein anderes Zimmer lieber gewesen :-) Außerdem sollte nochmal ganz klar gesagt werden, daß man beim Chinesen nicht frühstückt! Jahaa... da guckt ihr...

Tja, denn man bis nächstes Jahr,
Jan

Ach ja: Uhrenvergleich!

Send to Kindle
< Ich mach' hier nur meinen Job
35 von 156
Eigentlich gibt's nichts besonderes >
Berichte aus der Schweiz, England & Frankreich
blog comments powered by Disqus
jan-exner.de
Made with Kirby and