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Speed Networking at Lancaster Uni

Hiya!

Ich bin müde, habe Kopfschmerzen und würde eigentlich gerne bald schlafen. Leider wird daraus allerdings erstmal nichts, denn ich sitze in einem Zug und werde erst um kurz nach Mitternacht in Manchester Piccadilly ankommen, von wo aus ich dann noch 20 Minuten Taxifahrt nach Hause vor mir habe.

Draußen ist es unter Null und ich bin leicht angeschickert. Das ist im Grunde ja nicht schlecht. Wenn nur diese blöden Kopfweh nicht wären. Und wenn ich nicht wüßte, daß morgen wieder ein absurd stressiger Tag werden wird.

Ein ganz normaler Tag

Ich war mal Langschläfer. Seit ich Kinder habe, ist das allerdings vorbei: Ich stehe seit ein paar Jahren ohne größere Probleme um 7 oder halb 8 auf, falls ich irgendwo hinfliegen oder hinfahren muß gerne auch mal um 5. Heute hat mich der Wecker um 7 Uhr geweckt.

Mein Weg zur Arbeit ist ja bekanntlich recht kurz, mit Umweg durch's Badezimmer locker in 5 Minuten zu schaffen, auch morgens um 7. Sind halt nur 5 Meter oder so. Die erste Stunde verbringe ich mit dem passiven Sichten meiner über Nacht eingetrudelten Emails. Schreiben tue ich lieber nicht, das könnte schiefgehen.

So um 8 wacht Lilia auf. Sie nimmt dann ebenfalls den Umweg durch's Bad und will dann gefüttert werden. Heute morgen wollte sie Porridge, also habe ich welchen gekocht. Dazu trinkt sie ein Glas Apfelsaft.

Just wenn ich nervös werde ob der wartenden Emails oben wacht normalerweise Souad auf, meist weil Ines so ab halb 9 extrem gut gelaunt ist und ihre gute Laune teilen oder wenigstens mitteilen will. Da nur noch Souad mit ihr im Bett liegt, ist sie die natürliche Ansprechpartnerin, wenn man so will.

Wenig später kommen die zwei also die Treppe herunter und ich gehe wieder hoch, ein wenig echte Arbeit erledigen.

Half Term

Lilia hat gerade eine Woche Ferien weil "half term" ist. Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, was das bedeutet, und ob es da irgendeine Form von Regelmässigkeit gibt. Ich weiß nur, daß half term nicht gut ist, weil da Schulen und Vorschulen geschlossen sind und man die Brut die ganze Zeit an den Hacken hat.

Gegen 11 fährt Souad mit den zwei Süßen zur Whitworth Art Gallery, wo wie üblich Programm für Kinder und ein Treffen mit Freundinnen und deren Kindern geplant ist.

Ich versuche währenddessen, die Arbeit eines ganzen Tages vor 15 Uhr zu erledigen, scheitere aber letztlich daran, daß man 3 Stunden nicht so einfach auf 0 komprimieren kann. Nebenbei bemerke ich eine gewisse Frische in meinem Büro. Obwohl Heizung an und Fenster zu ist, wird es empfindlich kalt.

Gegen 13 Uhr kommt Souad völlig genervt nach Hause: Von den angesagten zwei Freundinnen ist keine in der Art Gallery aufgetaucht und Souad ist darüber sauer, zumal sie für morgen nichts geplant hat und sich nicht darauf freut, noch einen weiteren Tag zuhause zu bleiben.

Wir essen, dann bügele ich mein Hemd.

Lancaster Uni

Omniture praktiziert in den USA seit langem eine enge Zusammenarbeit mit der Brigham Young University, hauptsächlich natürlich um von dort schlaue junge Mitarbeiter rekrutieren zu können. Der Plan ist, das auch in Europa zu machen. Als Vorreiter soll hierzu die Lancaster University dienen, vermutlich weil einer meiner Kollegen aus London dort studierte und noch gute Verbindungen hat.

Um kurz vor 3 nehme ich ein Taxi zum Bahnhof am Flughafen, um von dort den Zug nach Lancaster zu nehmen. Ich bin mangels Verkehr etwas zu früh und friere mir am Bahnhof trotz 4-lagiger Kleidung den Allerwertesten ab. Auch der Zug ist nicht gerade warm.

Um halb 6 bin ich an der Uni, und um 6 startet der eigentlich Event: Speed Networking.

Speed Networking

Beim Speed Networking geht es darum, möglichst schnell viele Kontakte zu knüpfen. Dazu sitzen ein Dutzend Vertreter großer Firmen im Kreis an Tischen und kleinere Gruppen von Studenten haben jeweils 5 Minuten Zeit, sich zu informieren oder zu präsentieren.

Nach 5 Minuten pfeift einer der freiwilligen Helfer mit der Trillerpfeife und alle Studenten erheben sich und wechseln zum nächsten Tisch.

Das ganze Spiel dauert bis 8, man erklärt also etwa 20 mal das gleiche und beantwortet 20 mal die gleichen Fragen, bevor so um 19:45 alle Beteiligten die Lust verlieren.

Danach geht man - d.h. Organisatoren und Firmenvertreter - in ein teures Restaurant und resümiert: "super dieses Jahr", "gute Leute", "ein paar interessante Gesichter" und so weiter.

Ich bin normalerweise um 6 "fertig mit Arbeiten" (O-Ton Lilia) und schalte um auf Vorlesen, Kind hochwerfen, Tisch decken, Aufräumen, Kind in's Bett bringen und ähnliche, intellektuell hochkomplexe Tätigkeiten und das Speed Networking überfordert mich ein wenig. Also schalte ich beim Essen komplett ab und trinke ein Bier oder zwei.

Einer der großen Vorteile im Ausland: Man kann prima seine Umwelt komplett ausblenden. Die nicht unattraktive junge Dame neben erzählt mir während der Vorspeise von ihren Karriereplänen, gibt aber dann mangels interessanter Antworten meinerseits schnell auf.

Wenig später bringt ein Taxi mich und eine andere, ebenfalls nicht unattraktive junge Dame zur Bahn, wo die Dame recht schnell entschlummert. Ich nutze die Gunst der Stunde und tippe diesen Bericht.

Auf dem Weg nach Hause stellt sich heraus, daß trotz anderslautender Zusicherung des Fahrers beim Einsteigen mein Geld nicht für den kompletten Weg reichen wird. Doch die Nacht ist klar und frostig schön und 20 Minuten Laufen bringen niemanden um. Zum Glück habe ich iPod, Mütze und dicke Jacke dabei.

Ich bin gespannt, was ich morgen über Speed Networking denken werde... zur Zeit finde ich den Tag ziemlich abstrus. Hat die Uni Karlsruhe auch solche Sachen organisiert? Ich kenne mich mit sowas ja nun überhaupt nicht aus. In Deutschland selber habe ich schließlich noch nie richtig gearbeitet. Gibt es in Deutschland überhaupt Speed Networking Events?

Verwirrt und müde,
Jan

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