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Wohnzimmer kaputtmachen - Teil II

N'Abend!

Dies ist die Fortsetzung der Aktivitäten, die im Dezember 2011 als einfaches Projekt unter dem Namen "Ein Regal für's Wohnzimmer bauen" begannen. Der erste Teil deckt die Ereignisse bis Ende Januar 2012 ab.

Sonntag, 29. Januar, 15:30

Die beste Ehefrau der Welt™ beschließt, daß wir im Schlafzimmer auch die Tapete abreißen müssen, also tun wir das. Die Mädchen helfen uns, und weil generell im UK Tapeten nur mit Spucke angeklebt werden, geht das auch recht schnell.

Gleich viel wohnlicher, so ein Schlafzimmer, wenn keine Tapete mehr an den Wänden klebt...

Montag, 30. Januar, abends

Wir sitzen auf dem Boden und sind mal wieder beeindruckt, wie lange Ania abends durchhält, bevor sie irgendwann ganz plötzlich mies gelaunt wird und schlafen will. Wir lassen die kahlen Wände und den Putz auf uns wirken und gehen still unseren Gedanken nach.

Dann: "Wir müssen die Tapete im Eßzimmer abmachen!"

Kennt Ihr das, wenn das Hirn erstmal alle möglichen Interpretationen einer gerade gehörten Buchstabenfolge durchprobiert, bevor es dann irgendwann aufgibt und die aufgeschnappte Kommunikation mitsamt der eigentlich unmöglichen Bedeutung an's Bewusstsein weitergibt?

Ich kann nur "hm" sagen und muß an ein Buch denken namens "Things my Girlfriend and I argue about", das ich 2004 mal gelesen habe. Sollte ich vielleicht mal wieder rauskramen. Denken muß ich an eine Szene, in der Erzähler, (deutsche) Freundin und Kind (?) nachts im Regen aus dem Haus fliehen, das zu dem Zeitpunkt ohne Dach dasteht.

Egal, so weit lassen wir es nicht kommen.

Sonntag, 7.2.2012, mittags

Schnelle Planung: Farbtester kaufen, im Wohnzimmer applizieren, dann Wände im Schlafzimmer mit "Sugar Soap" waschen, 5l Farbe kaufen und die Wände streichen, sobald sie wieder trocken sind.

Sonntag, 7.2.2012, abends

Resultat: Farbtester gekauft und appliziert, Farbe für gut befunden. Waschen der Wände angefangen, immerhin eine Wand fertig bekommen. Farbe gekauft, halber Preis weil gibt's im 2012 Sortiment nicht mehr. Glück gehabt. 2.5l extra gekauft für künftige Reparaturen...

Schwung gebremst wegen Überlegungen bzgl. der Tür, Bilderleisten und Fußleisten: Sollen die vor oder nach der Wend gestrichen werden?

Donnerstag, 16.2.2012, morgens

Klempner kommt vorbei und klemmt das Gas im Kamin im Wohnzimmer ab. Jetzt können wir endlich den restlichen Krams rausreissen.

Außerdem repariert er die Heizung im Kinderzimmer, die seit Monaten aus war, weil das Ventil leckte.

Später am Abend ist der Teppich naß, ich stelle die Heizung also wieder ab und hoffe, daß die Jungs bei der Gasleitung besser gearbeitet haben...

Sonntag, 19.2.2012, tagsüber

Wir haben Besuch, feiern Nussis Geburtstag. Wir diskutieren Häuser, Renovierung und ähnliche Dinge. Dabei stellt sich heraus, daß unsere Besucher sich genau wie wir mittlerweile an den Zustand unseres Wohnzimmers gewöhnt haben. Das ist einerseits sehr entspannend, andererseits macht es uns Angst. Werden wir jemals etwas reparieren? Oder wird das Haus nach und nach mehr einer Baustelle gleichen?

Sonntag, 4.3.2012, mittags

Ein uns von einer Bekannten wärmstens empfohlener Mann kommt vorbei um einen Kostenvoranschlag für "reskimming" vorzubereiten. "Reskimming" ist, wenn man eine dünne Schicht Putz auf den Putz macht, damit der Putz wieder schön glatt und neu aussieht. Das tut man, weil neu verputzen ja teuer ist und viel Arbeit.

Zwei Dinge kristallisieren sich schnell heraus: 1. hat der Mann erst in etwa 8 Wochen Zeit für uns, zu viel zu tun gerade. 2. könnte er auch gleich den Kamin reparieren, also alles in einem Rutsch erledigen.

Das ist natürlich jetzt schwer zu entscheiden. John legt noch einen drauf und empfiehlt einen Freund, der das genau so gut könne wie er selber. ARGH! Wir sind sofort paralysiert und verweigern instinktiv und unterbewußt jegliche weitere Beschäftigung mit dem Thema.

Gegen Abend erledige ich schnell noch ein paar Risse im Putz im Schlafzimmer mit Polyfiller. Das bedeutet wir könnten jetzt 2.5 der 4 Wände tatsächlich streichen!

Montag, 5.3.2012, 10 Uhr

Nebenschauplatz: Einer der Türfritzen kommt vorbei und regelt die Tür nach, die wir im November einbauen ließen, weil einer der Flügel in letzter Zeit nicht wirklich toll schließen wollte und wir abends nicht mehr so richtig fernsehen konnten, ohne dabei genau mitzubekommen, was für ein Flugzeug da gerade landen wollte.

Das hat mit dem Regal im Wohnzimmer wie gesagt nichts zu tun, trägt aber zum allgemeinen "Wir leben in einer Baustelle" Gefühl einiges bei.

Donnerstag, 8.3.2012, 8 Uhr

Es klingelt an der Tür, der vom empfohlenen Plasterer empfohlene Plasterer ist da. Ich bin dank Lilia seit 10 Minuten wach (mein Wecker hatte nicht geklingelt) und sehe auch so aus. Dem Plasterer ist das egal. Er nimmt das Wohnzimmer in Beschlag und beginnt mit der Arbeit. Profi halt.

Freitag, 9.3.2012, abends

Der Plasterer ist fertig, das Wohnzimmer ist total transformiert. Decke und Wände sind neu verputzt und sehen auf einmal wieder richtig normal aus. Und das Zeug ist glatt! Wir streichen über die besten Stellen und schmiegen uns mit den Wangen an die Wand. Wahnsinn!

Montag, 12.3.2012

Der Putz ist jetzt überall trocken und wir könnten eigentlich jetzt streichen. Vorher wollen wir aber natürlich noch den Kamin reparieren lassen, ist ja klar.

Wir wissen noch nicht, ob wir einen "liner" in den Kamin machen müssen. Das hängt davon ab, ob er vollkommen dicht ist. Wundervoll finde ich, wie man das im UK herausfindet: Der Schornsteinfeger reinigt erst den Schlot und stellt dann unten eine Rauchbombe rein. Die zündet er an und dann kontrolliert er draußen, in jedem Zimmer und auf dem Dachboden, ob und wo genau er Rauch sehen kann. Falls ja: liner. Falls nein: alles klar, kein liner nötig. Finde ich cool!

Sonntag, 25.3.2012

Bin aus Salt Lake City wieder da. Frau informiert mich, daß Schornsteinfeger da war und daß wir erstmal keinen liner brauchen, jedenfalls für die nächsten paar Jahre.

Mittwoch, 28.3.2012, 18 Uhr

Letzter Tag der ungewöhnlichen Hitzewelle. Wir haben mal wieder den ganzen Tag lang die neue Terrassentür im Wohnzimmer sperrangelweit offengelassen. Jetzt aber wird es langsam kühl und außerdem haben meine Frauen ja keine Lust, den Kater der Nachbarn wieder rauszuwerfen, also machen wir die Tür zu.

Nee, falsch: Souad versucht, die Tür zuzumachen, scheitert aber. Tür setzt unten irgendwo auf und läßt sich nur durch kräftiges Anheben schließen. Und dabei ist die neu! Verdammtes Billigzeug wieder mal. England ist nicht das Land der Qualitätsprodukte, soviel ist klar.

Donnerstag, 5.4.2012, 13 Uhr

Ein sogennanter "Builder" kommt vorbei weil wir einen Kostenvoranschlag für den Kamin haben wollen.

Er guckt, rechnet, fragt, und am Ende nennt er eine gar nicht soo große Summe. Wir sind froh.

Freitag, 6.4.2012, 11 Uhr

Kurze und fruchtlose Diskussion auf dem Sofa: Welchen der Entwürfe, die die zwei Architekten für den Anbau gemacht haben, bietet mehr für's Geld oder ist besser geeignet? Ich finde beide nur so solala und plädiere für "erstmal gar nichts machen". Souad findet das doof.

Die großen Kinder springen derweil beherzt auf dem Trampolin im Garten herum und die Kleine steht im Garten und drückt ordentlich was in die Windel.

Freitag, 6.4.2012, 14 Uhr

Abkleben des Schlafzimmers.

2.5 Stunden später habe ich eine erste Schicht Farbe aufgetragen, erstmal weiß. Morgen geht's weiter.

Samstag, 7.4.2012, 8:30 Uhr

Schon klar, viel zu früh, aber ich will wenigstens eine Schicht Farbe fertig machen bevor ich zum Fußball fahre.

Und das klappt sogar, wow! Vielleicht werden wir heute mit dem Malen fertig?!

Sonntag, 8.4.2012, 9 Uhr

Zweite Schicht Farbe? Nein, ich male nur die Ecken und ein paar etwas weniger gut deckende Stellen. Etwas später beschließen wir, daß die Wände ok sind. Von den vier Wänden im Schlafzimmer sind also zwei fertig. Für die anderen zwei müssen wir jetzt den Schrank abbauen sowie die Gardinen und den Holzkasten drumherum.

Mittwoch, 18.4.2012, 15:30 Uhr

BBC Radio 4 kommen vorbei und interviewen uns für die Sendung "Word of Mouth"!

Wir sind den Rest des Tages ganz perplex! Michael Rosen war bei uns im Haus! Er hat unseren Kindern ihr Exemplar von "We're Going on a Bear Hunt" signiert! Und ein Bild gemalt! Und dreisprachig gekritzelt! Und mit ihnen Französisch geredet! Und wir sind im Radio! WAAA!!!

Michael Rosen bei uns im Haus!

Weil wir natürlich nicht Prominenz empfangen können, wenn das Haus scheiße aussieht, verbringe ich die Abende davor damit, im Wohnzimmer wenigstens die Decke und die Leisten oben zu streichen. Das nimmt einen Nachmittag und zwei Abende in Anspruch und sieht dank Billigfarbe immer noch nicht gut aus.

Immerhin streiche ich aber nebenher Teile der Wände mit, erstmal in weiß als Grundierung. Das Wohnzimmer ist also auch auf dem richtigen Weg.

Samstag, 5.5.2012, 16:30 Uhr

Anruf eines Bekannten: Souad hat sich beim Basketball den Knöchel verknackst und er fährt sie gerade nach Hause. Ich so: Au!

Später stellt sich heraus, daß auch ein kleines Stück Knochen abgebrochen ist und sie 6 Wochen mit einem Aircast rumlaufen muß und nicht fahren darf und so.

Sonntag, 20.5.2012, mittags

Wir fahren zu B&Q und kaufen 7 Farbtester für's Wohnzimmer. Etwas später male ich 7 Flecken an die weiße Wand, damit wir ordentlich entscheiden können. Bin gespannt, wie lange die Wand so bleiben wird...

Die erst im November eingebaute Terrassentür ist auch schon wieder kaputt, diesmal wieder wie beim ersten Mal: schließt zwar, läßt dabei aber oben eine Lücke, durch die man fast einen kleinen Finger stecken könnte. Sind also wieder sehr gut über die Flugbewegungen am Flughafen Manchester informiert.

Mittwoch, 30.5.2012, 8:15 Uhr

Die Kinder schlafen noch, Ferien. Wir sitzen im Wohnzimmer und beraten über die Farbe. Plötzlich die Überraschung: Souad erwägt, einen Maler zu beauftragen! Ein Schritt in die richtige Richtung, den sie bisher aus Kostengründen immer vehement abgelehnt hatte.

Auch interessant ist, daß sie auf einmal darüber nachdenkt, unseren monströsen Röhrenfernseher durch einen TFT zu ersetzen, nur weil dann die Regale rechts und links des Kamins symmetrisch sein könnten. Ich bin dafür!

Donnerstag, 31.5.2012, mittags

Ich bin irre müde und schalte daher gar nicht sofort als Souad fast schon nebenbei nach einem Blick auf die Testfarbenfelder an der Wand im Wohnzimmer mitteilt, daß sie die helle Farbe oben links am besten findet. Dabei ist das ein Quantensprung! Ein Durchbruch! Eine Revolution!

Seit 2 Wochen schon haben wir an der Wand im Wohnzimmer die Testfarben, weil wir uns nicht so recht entscheiden können, welche davon die beste sein mag. Vor etwa einer Woche waren wir uns einig, daß keine der Farben ideal sein könne, also malte ich noch zwei andere an die Wand. Und auf eine dieser anderen fiel nun die Wahl. Super!

Fehlt nur noch, daß mich jemand motiviert, den Stuck oben weiß anzumalen und dann das Wohnzimmer. Dann muß nur noch der Kamin endlich fertig werden und schon kann ich den ursprünglich geplanten Job machen und das Regal bauen! Wir sind quasi fast fertig!

Soviel für heute,
Jan

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